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Wie überwinden wir den Widerstand, den wir in uns spüren? In der Change-Management-Literatur ist oft von Widerständen die Rede, mit denen man nach außen hin konfrontiert wird, aber innere Widerstände werden dabei so gut wie ignoriert. Heute wirst du erfahren, was diesen inneren Widerstand verursacht und wie man mit ihm umgeht.
Zitate dieser Woche:
Steven Pressfield: “Die meisten von uns haben zwei Leben. Das Leben, das wir leben, und das nicht gelebte Leben in uns. Zwischen diesen beiden steht der Widerstand.”
Arabische Sprichwort: Willst Du Dein Land verändern, verändere Deine Stadt. Willst Du Deine Stadt verändern, verändere Deine Straße. Willst Du Deine Straße verändern, verändere Dein Haus. Willst Du Dein Haus verändern, verändere Dich selbst.
In der Literatur zum Veränderungsmanagement werden externe Widerstände in der Regel immer angesprochen und diskutiert. Wenn es jedoch um interne Widerstände geht, müssen wir nach Quellen außerhalb des Veränderungsmanagements suchen.
Wir können viel über interne Widerstände lernen, wenn wir die Humanbiologie betrachten.
Die Amygdala ist das primitive Gehirn, und es war der erste Teil des menschlichen Gehirns, der sich entwickelt hat und für emotionales und irrationales Verhalten verantwortlich ist. Auf der Amygdala sitzt der neue Teil des Gehirns, der Neokortex, der für das Denken und rationales Verhalten verantwortlich ist.
Die Amygdala erzeugt die bekannte Kampf- oder Fluchtreaktion, die vor langer Zeit sehr praktisch war, als ein Säbelzahntiger noch um jede Ecke hätte lauern können. Sie hilft dabei, lebensbedrohliche Situationen zu überleben.
Das Problem heutzutage ist, dass diese lebensbedrohlichen Situationen selten auftreten und stattdessen durch Dinge wie negative Kommentare zu Instagram, Kritik in einer Besprechung oder Druck vom Chef ausgelöst werden. Solche nicht lebensbedrohlichen Dinge passieren ständig, und wenn unsere Amygdala ausgelöst wird, geraten wir in einen Kampf- oder Fluchtreaktionsmodus, in dem unser Verhalten sehr irrational sein kann. Infolgedessen treffen wir emotionale und schlechte Entscheidungen, die wir später bereuen.
Die Amygdala hat gegenüber dem Neokortex den Vorteil, dass sie schneller auf die eingehenden Informationen zugreifen kann, und wenn sie ausgelöst wird, kann sie das Verhalten der Person überholen, was als Amygdala-Entführung/Hijacking bezeichnet wird.
Daniel Goleman, der Autor des Buches “Emotionale Intelligenz”, gibt uns durch die folgende Geschichte einen weiteren Einblick in die Amygdala. Es gab einen Anwalt, der einen Gehirntumor hatte. Ärzte waren in der Lage, den Tumor effektiv zu entfernen, aber irgendetwas funktionierte nicht mehr richtig mit der Verbindung zwischen dem Neokortex und der Amygdala. Die Verbindung war nicht mehr da. Der Anwalt konnte scheinbar normal funktionieren, hatte jedoch verschiedene Probleme, wie z.B. keine Arbeit zu haben oder sich von seiner Frau zu trennen. Er ging zu einem Spezialisten, um herauszufinden, was da vor sich ging. Der Spezialist führte alle Arten von Tests durch, und alles wurde wieder normal. Als sie jedoch versuchten, einen Folgetermin zu organisieren, konnte der Anwalt einfach keine Entscheidung treffen. Er konnte alle Vor- und Nachteile aufzählen, die für die Organisation eines Termins für jeden Tag in den nächsten zwei Wochen vorlagen, aber er konnte einfach keine Entscheidung treffen, wann er den Termin machen sollte.
Der Grund dafür ist, dass wir zwar mit dem Neokortex denken und dort alle (verbalen) Informationen haben, dass aber die Amygdala für die Prioritätensetzung zuständig ist. Es ist die Amygdala, die die Entscheidung trifft, und Entscheidungen werden nicht nach einem Gedanken getroffen, sondern durch Informationen in Form eines Gefühls, das von der Amygdala ausgeht. Die Amygdala arbeitet mit den Informationen aus dem Neokortex, um die Entscheidung zu treffen. Die Amygdala ist nicht stumm, sie sammelt Informationen durch unsere lebenslangen Erfahrungen, die nicht in verbaler, sondern in emotionaler Form gespeichert werden. Dieses Bauchgefühl ist also nicht dumm, sondern trägt reale Informationen mit sich, die der Erfahrung dieser Person entsprechen. Daniel Goleman nennt dies die “Wisdom of Emotion.”
Der Punkt hier, dass deine Amygdala inneren Widerstand (Angst) gegen Situationen erzeugen kann, in denen diese emotionale Kampf- oder Fluchtreaktion nicht notwendig ist. Deshalb macht ein Ratschlag wie 24 Stunden warten, bevor man eine kritische E-Mail beantwortet, so viel Sinn.
Obwohl unsere Amygdala eine emotionale Intelligenz mit sich bringt, müssen wir vorsichtig sein. Wenn zum Beispiel ein bestimmtes Szenario in der Vergangenheit noch nie funktioniert hat und du eine negative Emotion erlebst, die dich von diesem Szenario abstößt, solltest du trotzdem deinen Neokortex aktivieren, um zu bedenken, dass diesmal etwas anders ist (eine neue Variable), die das Ergebnis verändern könnte.
Um das beste Ergebnis zu erzielen, müssen sowohl das alte als auch das neue Gehirn effektiv und situationsgerecht zusammenarbeiten.
Achtet darauf, was deiner Körpers tut. Stellt dir die Frage, was mit mir gerade passiert. Rast mein Herz? Fühle ich mich wütend?
Wenn du merkst, dass du dich in einer Situation befindest, in der dein primitives Gehirn aktiviert wurde, kann dir die folgende Methode, die aus Meister Shi Heng Yis TED-Vortrag “5 Hindernisse zur Selbstkontrolle” entnommen wurde, helfen (siehe bitte Video unten). Er führte das Akronym RAIN ein, das dir helfen wird, die Kontrolle wiederzuerlangen:
R steht für erkennen (english recognize): erkenne, was in diesem Moment mit deinem Körper und deinen Gefühlen geschieht. Bevor du mit der Situation umgehen kannst, musst du zuerst erkennen, was geschieht.
A steht für akzeptieren (english accept): Akzeptiert die Situation, wie sie ist, sie ist weder gut noch schlecht.
I steht für prüfen (english investigate): Fragst du dich, warum diese Emotionen entstehen? Was steckt dahinter?
N steht für Nicht-Identifikation (english non-identification): Du bist der Beobachter, du bist nicht dein Körper, dein Mind oder deine Emotionen.
Tipp: Ein Schmuckstück tragen oder einen Aufkleber auf dem Laptop aufkleben, der immer in Sichtweite ist und die Entführung einer Amygdala in ihren Spuren stoppen kann.
Dies erlaubt dir, einen Schritt zurückzutreten und deinen Neo-Cortex statt deiner Amygdala zu aktivieren.
Es gibt ein paar Glaubenssätze und Taktiken, die dir in einem so erhitzten Moment denkbar sind, die es dir vielleicht leichter machen, diesen entspannten Gedanken Zustand zu erreichen:
i) Es ist ein Marathon, kein Sprint. Eine Begegnung, eine Interaktion, ein Misserfolg wird dich nicht zerstören, weil du langfristig denkst.
ii) Nicht überidentifizieren mit deinem Job. Du bist nicht dein Job, ein Misserfolg in deinem Job bedeutet nicht, dass du als Person ein Versager bist.
iii) Humor nicht verlieren
iv) Diese nächste Taktik stammt aus Stephen Coveys Buch The 7 Habits of Highly Effective People: Konzentriert dich auf deinen Einflussbereich. Hier geht es darum, sich auf das zu konzentrieren, was du beeinflussen kannst. Es klingt so offensichtlich, aber wie oft regen wir uns über Dinge auf, die wir nicht kontrollieren können, wie eine Entscheidung unseres Chefs, des Präsidenten oder sogar das Wetter.
Nimm dir Zeit, dir Glaubenssätze auszudenken, die dir helfen, in solchen Situationen ruhig zu bleiben.
Was tun wir mit innerem Widerstand, der nicht so offensichtlich ist (keine Flucht- oder Kampfsituation)? Für mich ist der Experte für diesen Bereich Steven Pressfield. Er erwähnt, dass dieser subtilere innere Widerstand auftritt, wenn du versuchst, dein Leben auf irgendeine Weise zu verbessern, z.B. indem du dich gesund ernährst, ein Fitnessprogramm annimmst oder deinem langjährigen Traum folgst.
Dieser subtile innere Widerstand erscheint als Selbstsabotage, und die häufigste Form davon ist das Procrastination. Irgendwann werde ich es tun. Wie das Sprichwort sagt, führt der Weg zum Irgendwann in eine Stadt namens Nirgendwo.
So wie wir jeden Tag zur Arbeit kommen, auch wenn wir keine Lust haben, kommen wir, weil wir Profis sind. Was wäre, wenn wir andere Dinge im Leben auf diese Weise angehen würden, wie Fitness oder gesunde Ernährung. Was wäre, wenn wir dies zu einem Muss für uns machen und alle anderen Optionen wegnehmen würden? Engagiert dich für einen Weg des Handelns und behandle ihn wie einen Job, dem du dich verpflichtet fühlst, jeden Tag zu erscheinen.
Denn wenn du es liebst, dann kannst du mit den schwierigen Dingen umgehen, die sich zwangsläufig ergeben werden. Wenn du liebst, was du tust, dann kannst du auch viel besser mit den negativen Aspekten umgehen.
Der Trick Nummer eins, den dein Verstand dir spielen wird, ist, dich davon zu überzeugen, zu viel zu tun. Zum Beispiel werde ich jeden Tag eine Stunde trainieren oder für den nächsten Monat nur rohes Gemüse essen. Diese Pläne sind fast unmöglich zu verwirklichen, und dies ist eine weitere Form der subtilen Selbstsabotage. Meidet das Konzept “just try harder”. Bleibt geduldig und denkt darüber nach, was ihr tut und ob es funktioniert. Nimm, wenn nötig, Änderungen vor.
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